Exkursion Koralmgebiet 2.6.2018

#1
Servus,

mit meinem ersten Beitrag in diesem Forum möchte ich einen Blick zurückwerfen auf den vergangenen Samstag (2.6.) und ein paar der gefundenen Pilze zeigen. In der nächsten Zeit folgen vielleicht noch weitere Exkursionsberichte bzw. Einzelfundmeldungen aus dem bisherigen Jahr.

Wir waren am Samstag im Koralmgebiet unterwegs, vom Parkplatz auf der Weinebene bis zur Grillitschhütte. Eigentlich bin ich derzeit gezielt auf der Suche nach Triblidium carestiae auf Rhododendron ferrugineum, und letzteren gibt es dort relativ reichlich – den Pilz hab ich bis jetzt aber leider noch nicht gefunden. Das Schöne an der gezielten Suche nach einer Art ist aber, dass man sich das entsprechende Substrat (oder sonstige ökologische Gegenheiten) sehr genau anschaut und so auch auf weitere interessante Pilze stößt, die man sonst wohl übersehen würde.

Ab und an stolpert man aber auch über "gscheite Schwammerl", so wuchs z. B. der Gewöhnliche Kohlen-Schüppling (Pholiota highlandensis) massenhaft auf verbrannten Fichten-Wurzelstöcken in einem Weidebereich. Im gleichen Gebiet wurde diese Art auch schon 2014 von Rainer Burkard entdeckt (siehe Ö-Datenbank).
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Und hier ein Foto des Substrates:
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Im Umkreis der Grillitschhütte, also schon in Kärnten, stießen wir dann im Gras auf kleine, orangebraune "Keulchen", die sich bei genauerem Hinschauen schnell als Kernkeulen entpuppten (ähem). In der Umgebung gab es dann Dutzende Fruchtkörper, weshalb wir ein paar davon für ein Foto und natürlich einen Beleg ausgruben. Es handelt sich dabei um die Raupen-Kernkeule (Ophiocordyceps gracilis).
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So sieht die Umgebung aus:
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Wie oben bereits geschrieben, war ich eigentlich auf der Suche nach einem Pilz auf der Rostblättrigen Alpenrose. Diesen fand ich leider nicht, dafür aber ein paar weitere spannende Kleinpilze. Der erste, ein unscheinbar gefärbter, kurzhaariger Becherling, hat nur durch Hans-Otto Barals Hilfe einen Namen bekommen (man klicke den Link für weitere Informationen): Hyalopeziza nectrioidea.
Rhod1.jpg
Ebenfalls auf R. ferrugineum wuchs dieser schwarze, etwas unförmig-wulstige Becherling, den ich nun mal wie folgt benannt habe: Phaeangella cf. "semilichenia". Hier muss ich mich wieder bei Zotto für seine Bestimmungshilfe bedanken!
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Auf einem abgestorbenen Rhododendron-Zweig wuchs dann noch eine Orbilia aus der vinosa-Gruppe, aber vielleicht nicht O. vinosa selbst. Der müssen wir noch nachgehen. Dafür kann ich eine andere Orbilia zeigen, die mir auf einem Ast von Sorbus aucuparia im Luftraum untergekommen ist: Orbilia aristata.
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Außerdem fand ich auf Rhododendron noch Alpinaria rhododendri (häufig) und Pseudophacidium ledi, die beiden habe ich diesmal aber nicht fotografiert, deshalb die Links zu früheren Funden.

Abschließend möchte ich noch eine hübsche Spaltlippe auf Alpen-Wacholder zeigen, die den passenden Namen Lophodermium juniperinum trägt. Ich fand sie auf abgestorbenen Nadelbüscheln im Inneren der Sträucher.
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Fast den ganzen Tag über begleiteten uns übrigens Gewitter, die uns aber nie direkt erwischten.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Exkursion Koralmgebiet 2.6.2018

#2
Lieber Gernot,
danke fürs Einstellen deines tollen Exkursionsberichtes. Es ist immer wieder erfreulich, wieviele interessante Funde man bei genauer Betrachtung unterschiedlicher Substrate machen kann. Und natürlich bei entsprechender Zielstrebigkeit und Zusammenarbeit mit Spezialisten bei der Bestimmung. Da sind gleich etliche seltene bzw. selten beobachtete Arten dabei, wie Hyalopeziza nectrioidea (bisher - unter Vorbehalt - nur eine ältere Angabe aus der Literatur), Orbilia aristata ebenfalls erst sehr wenige Meldungen (zwei davon von Dir aus der Steiermark und eine von Matthäus aus Kärnten). Alpinaria rhododendri ist eine Art, die sicher zuwenig beachtet wird. Der Holotypus stammt aus der Steiermark von Niessl gesammelt im Jahr 1885. Wiedergefunden und [https://www.verlag-berger.at/fileadmin/ ... litsch.pdf]publiziert [/url]wurde die Art dann von Voglmayr & Jaklitsch in Osttirol 2015. Gratulation auch zu Pseudophacidium ledi! Auch auf die Spaltlippen auf anderen Substraten als Picea oder Pinus sollten wir mehrachten, die sind auf Juniperus sicher häufiger als bisher bekannt. Super Fotos!

Ich freue mich schon auf viele weitere Beiträge von dir!
Liebe Grüße,
irmgard

Re: Exkursion Koralmgebiet 2.6.2018

#3
Liebe Irmgard,

danke für die weiteren Ausführungen zu den Pilzen!
Irmgard hat geschrieben:Es ist immer wieder erfreulich, wieviele interessante Funde man bei genauer Betrachtung unterschiedlicher Substrate machen kann. Und natürlich bei entsprechender Zielstrebigkeit und Zusammenarbeit mit Spezialisten bei der Bestimmung.


Dem kann ich nur zustimmen. :-)

Rhododendron ist überhaupt ein sehr spannendes Substrat für Schlauchpilze, und es gibt auch einiges an Literatur dazu. Sehr zu empfehlen ist Remler (Bibliotheca Mycologica 68, 1979), damit kann man meiner Erfahrung nach einen schönen Teil der bei uns vorkommenden Ascomyceten bestimmen. So z. B. auch Capronia vaga, die aufgrund ihrer winzigen Fruchtkörper leicht übersehen wird aber immer wieder auf entrindeten Ästen anzutreffen ist. Ende Mai fand ich auch noch Remleria myrtillinoides auf R. ferrugineum, ein hübscher, gelber Becherling, der aber noch genauer untersucht wird, weshalb ich derzeit keine Fotos zeigen möchte.

Also, wer in den Bergen unterwegs ist und Lust auf Kleinpilze verspürt, der sollte unbedingt die Alpenrosen näher inspizieren.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Exkursion Koralmgebiet 2.6.2018

#4
Servus Gernot,

ich kann mich den Worten von Irmgard nur anschließen :) Hinzufügen möchte ich noch, dass auch Juniperus ein spannendes Substrat ist - man kann da beispielsweise auch Colpoma juniperi finden und die an Colpoma juniperi parasitierende Tremella karstenii. (Was nicht heißen soll, dass Rhododendron nicht spannend sei).

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)