Vanadium in Fliegenpilzen

#1
Liebe Pilzler_innen,

Die Grazer Forschungsgruppe um Frau Dr. Simone Bräuer untersucht den hohen Gehalt an Vanadium in Fliegenpilzen:

<„Dass Vanadium im roten Fliegenpilz in Form der Vanadiumverbindung Amavadin vorhanden ist, ist seit Längerem bekannt – allerdings wissen wir noch nicht, welche Funktion die Verbindung in den Pilzen hat“, sagt Simone Bräuer, analytische Chemikerin an der Universität Graz. Bisher fehlten Methoden zur genauen Untersuchung der Verbreitung und Biosynthese von Amavadin, wie die Spezialistin für die Bestimmung von Spurenelementen im Umweltkontext weiter ausführte.>

Mehr zu diesem interessanten Aspekt findest sich in einer orf.at Meldung: https://steiermark.orf.at/stories/3107769/
Spannend.
LG
Irmgard

Re: Vanadium in Fliegenpilzen

#2
Hallo Irmgard

Danke für den interessanten Link! Dass Fliegenpilze Vanadium in grossen Mengen anreichern, war mir bisher nicht bekannt.

Was mich im Zusammenhang mit Spurenelementen in Pilzen auch schon lange beschäftigt ist die Frage, weshalb Albatrellus pes-caprae
(Scutiger pes-caprae) so extrem hohe Mengen an Selen anreichert. Es wurden bis zu 370 mcg Selen pro Gramm Trockengewicht gefunden.
Hochgerechnet auf eine Pilzmahlzeit ergäbe das einen Wert, der für Menschen weit im toxischen Bereich liegt, was natürlich auch von der
biologischen Verfügbarkeit abhängt, bzw. davon, in welcher Form das Selen gespeichert wird.

LG
Gerhard


Selenium in edible mushrooms.png

Re: Vanadium in Fliegenpilzen

#4
Lieber Gerhard,

Ja, die Selen-Konzentrationen in Albatrellus pes-caprae sind wirklich extrem hoch, schnell einmal über 100 mg/kg trocken (also ca. > 10 mg/kg frisch).
Der Grund dafür ist bis jetzt komplett unbekannt. Das trifft übrigens auch auf andere Elemente in anderen akkumulierenden Pilzen zu (z.B. Vanadium im Fliegenpilz).

Wie du selbst schon geschrieben hast, hängt die Toxizität natürlich von der Bioverfügbarkeit bzw. der chemischen Form des Selens ab.
Leider gibt es kaum Daten zum Thema Selen-Verbindungen/-Bioverfügbarkeit in "natürlichen" Pilzen (also nicht gezüchtet und dabei mit Selen gefüttert).
Das ist etwas, das schon länger auf unserer To-Do Liste steht, ich hoffe, wir haben endlich bald einmal die Zeit dazu.

Generell sind die Selen-Konzentrationen meistens im Hymenium deutlich höher als im Rest des Fruchtkörpers. Wenn man also besonders vorsichtig sein wollte, könnte man das beim Kochen gezielt wegschneiden. Ich hab diesen Pilz ehrlich gesagt noch nie gegessen, weiß also nicht, welche Teile davon bevorzugt gegessen werden.


Zum Vanadium noch was: Tatsächlich ist die Vanadium-Anreicherung von Fliegenpilzen schon seit knapp 90 Jahren in der Literatur beschrieben, und die ungewöhnliche chemische Form seit 50 Jahren! (Auch wenn beides nicht unbedingt "Allgemeinwissen" ist) Aber aus mir unerfindlichen Gründen gibt es trotzdem bis jetzt so gut wie keine genaueren Studien dazu.

Liebe Grüße
Simone (Bräuer)

Re: Vanadium in Fliegenpilzen

#5
Liebe Simone

Herzlichen Dank für deine Antwort und die interessanten Informationen!

Ich habe Albatrellus pes-caprae auch noch nie gegessen. Erstens aufgrund des hohen Gehalts an Selen und zweitens,
weil er auf der roten Liste steht (Österreich: potenziell gefährdet, Schweiz: verletzlich).

In den südlichen Ausläufern der Alpen in Italien ist Albatrellus pes-caprae recht häufig und meine Bekannten dort essen jeden
Herbst grössere Mengen dieses Pilzes, ohne dass es meines Wissens im Zusammenhang damit je zu einem selenspezifischen
medizinischen Problem gekommen wäre.

Ich erlaube mir hier noch den Link zu deiner Arbeit zu veröffentlichen. Ich vermute, es gibt hier noch weitere Mitglieder im Forum,
die an deiner Arbeit interessiert sind. Erfreulicherweise läuft dein Paper unter Open Access.

https://pubs.rsc.org/en/content/article ... d0ja00518e

Ich wünsche dir und deinem Team viel Erfolg bei euren weiteren Forschungen zum Thema Spurenelemente in Pilzen
und bin gespannt auf die Ergebnisse.

Liebe Grüsse
Gerhard

Re: Vanadium in Fliegenpilzen

#6
Lieber Gerhard,

Danke, freut mich sehr, wenn unsere Forschung Anklang findet. :-)
Mal schauen, was wir noch so finden. Interessante Fragestellungen gibt es ja genug.

Liebe Grüße
Simone

PS: Ja, genau, die Arbeit ist Open Access. Das finde ich schon recht wichtig, damit nicht nur "Privilegierte" an die Arbeiten kommen.
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