Endlich mal wieder aufn Berg

#1
Grüß euch,

schon seit ein paar Wochen warte ich sehnsüchtig darauf, dass sich der Schnee in den höheren Lagen etwas lichtet.
Heute hab ich es schlussendlich nicht mehr ausgehalten und bin zur ersten Tour des Jahres aufgebrochen.
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Cystostereum murrayi
gleich an mehreren Standorten; teilweise schon aus 20m zu riechen
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Phellopilus nigrolimitatus
auch ein regelmäßiger Begleiter am heutigen Tag
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Pseudoplectania melaena
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Phlebia mellea
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Discina sp.
am Rand eines Niedermoors in einem Urwaldrest, soweit ich sehen konnte ohne Verbindung zu Holz; natürlich noch total unreif
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... und hierzu habe ich noch nichts wirklich passendes gefunden
Standort: Weidewald, Picea, am Rand eines Schneefelds
Sp: 24-29x11-12µm, einzelner, markanter Zellkern
Paraphysen: keulig, 8-11µm an den Spitzen, teilweise septiert, Endzelle min. 65µm, reichlich intrazelluläres Pigment in der Endzelle
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Liebe Grüße

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#2
Servus, Florian,

super, dass du auch die Pseudoplectania gefunden hast – ich meine mich an einen Kommentar von dir hier zu erinnern, dass du dich heuer gezielt auf die Suche danach machen wolltest. Die anderen Holzbewohner zeigen natürlich auch, dass du hier in einem besonders feinen Lebensraum unterwegs warst.

Den unbekannten Becherling würde ich ebenfalls für eine Gyromitra halten, aufgrund der eher lebhaften Farbe wäre z. B. G. leucoxantha möglich – eine Bestimmung ist hier aber wirklich nur mit vollreifem Material möglich. Bei der noch unreifen Scheiben-Lorchel könnte es sich um dieselbe Art handeln, die Fruchtkörperform ist da ziemlich variabel. Zu einem gewissen Grad kann man die zu Hause nachreifen lassen, wenn sie aber noch komplett unreif sind (ohne Asci), hat man damit m. E. n. wenig Erfolg.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#3
Servus Gernot,

der Pseudoplectania-Fund hat mir wirklich große Freude bereitet und war auch das Primärziel der heutigen Exkursion. Allerdings wäre ich auch etwas verwundert gewesen, wenn diese in dem Gebiet nicht zu finden gewesen wäre.

Bei der Unbekannten hast du wohl recht mit Gyromitra. Bei genauerem Nachsuchen konnte ich bei einigen Sporen schon Ansätze der Anhängsel erkennen. Die darf mal für ein paar Tage in den Kühlschrank, dann sollte sich mehr sagen lassen.

Die zweite Gyromitra hat zumindest schon deutlich ausgebildete Asci... mal schauen ob`s reicht zum nachreifen. Ansonsten schaffe ich es hoffentlich in nächster Zeit noch mal in das Gebiet. An der Stelle sind noch um die 20 Fruchtkörper stehengeblieben
Wenn jemand Material zum sequenzieren haben möchte hab ich auf jeden Fall mal einen Fruchtkörper getrocknet

Liebe Grüße

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#4
Servus Florian,

super - Pseudoplectania melaena ist ein toller Fund. Ich habe sie selber auch erst zweimal gesehen - einmal in Vorarlberg (Oswalds hatten mich dankenswerterweise hingeführt) und einmal im Nationalpark Bayerischer Wald (Heinz Holzer hatte mich hingeführt). Freut mich, dass du fündig wurdest.

Gyromitra leucoxantha wäre auch mein erster Gedanke gewesen. Falls du später reife finden solltest und es wirklich so viele sind, wäre ich auch an einem kleinen Beleg für mich sehr interessiert. Gerne auch in Langschlag (wenn du kommen solltest) - getrocknet halten die ja nis dahin ^^.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#5
Servus Christoph,

wenn ich noch vollreife Fruchtkörper finde, bzw. mit der Nachreifung Erfolg habe, kann ich dir die Exsikkate natürlich gerne zukommen lassen.

Am ARGE-Seminar werde ich dieses Jahr allerdings nicht teilnehmen. Die Pandemie hat bei mir wirtschaftlich ziemliche Spuren hinterlassen und mir nebenbei die Zeit gegeben, mir viele Gedanken über potentiell interessante Suchgebiete in meiner direkten Umgebung zu machen.
Daher werde ich die Zeit lieber investieren, um Exkursionen in Habitate zu machen, die mir persönlich mehr zusagen als die Wirtschaftswälder des Waldviertels.

Übrigens bin ich persönlich immer noch recht skeptisch, ob es sich bei den beiden gezeigten Kollektionen wirklich um die selbe Art handelt.
Alleine die größe der Fruchtkörper unterscheidet sich doch deutlich (4cm bei dem voll ausgebreiteten Einzelfruchtkörper aus dem Weidewald, bis 11cm bei denen aus dem Urwald, trotz noch eingerollter Ränder)
Im direkten Vergleich erscheint auch die Pigmentation der Paraphysen deutlich unterschiedlich. Weiters lag die länge der Asci bei dem Einzelfruchtkörper bei ca. 250% im Vergleich zur anderen Kollektion. Aber das kann natürlich auch beides mit dem unterschiedlichen Reifegrad zusammenhängen.

Liebe Grüße

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#6
Servus Florian,

oh ja, das kann ich natürlich nachvollziehen. Ich drücke die Daumen, dass die wirtschaftlichen Spuren der Coronapandemie repariert werden kann und alles gut ausgehen wird. Ich drücke fest die Daumen.

Zu den Lorcheln sage ich ohne Mikroskop eh ungern etwas. Ich kann nur hoffen, dass sie ausreifen... :-)

Liebe Grüße,
Christoph
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Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#7
Servus Christoph,

von einem irreparablem wirtschaftlichen Schaden kann zum Glück nicht die Rede sein. Sobald sich die Gesamtsituation wieder in einem halbwegs normalen Rahmen bewegt, sollten auch die Auswirkungen der Pandemie schnell wieder vergessen sein.


...aber retour zu den Lorcheln...

bei dem Einzelfruchtkörper hat sich die Farbe der Fruchtschicht zu einem satten zimtbraun verändert, die Sporen sind noch etwas größer geworden und die Anhängsel sind inzwischen auch deutlich entwickelt. In den letzten 2 Tagen konnte ich beim nachmikroskopieren keine nenneswerten Veränderungen mehr feststellen.
Meine Versuche ein Abwurfpräparat zu machen waren noch immer nicht von Erfolg gekrönt, allerdings sind im Schnittpräparat schon relativ viele freie Sporen zu finden.
Mit meiner noch nicht vorhandenen Erfahrung traue ich mich aber nicht wirklich zu beurteilen, ob damit schon eine ausreichende Reife für die Betimmung erreicht ist.

Sp: 26-31(33)x11,5-14,5(16)µm, ein leichtes Netzornament meine ich auf einzelnen Sporen zu erkennen. Die Anhängsel sind recht variabel, teilweise abgeflachte, teils auch dünn und spitz, aber alle recht kurz (bis 1,25µm). Die für G. leucoxantha typischen, eingedellten Anhängsel konnte ich nicht finden.

Weiters konnte ich, ca. 100m entfernt von der ersten Fundstelle, noch zwei weitere Fruchtkörper finden. Der eine leider schon angeschimmelt, der zweite ziemlich im gleichen Reifestadium wie der nachgereift Fruchtkörper vom letzten Wochenende.
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Den Fundort der zweiten Kollektion habe ich auch nochmals aufgesucht, jedoch mit recht ernüchterndem Ergebnis. Den letzten verbliebenen Fruchtkörper konnte ich (zumindest teilweise) noch vor dem Schnegel retten, der sich gerade darüber hermachen wollte. Der gesamte Rest wurde zwischenzeitlich leider vertilgt.
Zumindest konnte ich nun schon deutlich ausgeprägte Sporen finden, allerdings noch weit von der Vollreife entfernt.


Bei den restlichen Gyromitras die mir untergekommen sind war das Problem eher das gegenteilige. Zu jung waren die sicher nicht mehr ;)
Allerdings sollte hier die Bestimmung als G. infula trotzdem möglich sein, oder gibt es auch noch andere herbstfruchtende Arten direkt auf Holz?
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Liebe Grüße

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#9
... langsam wird der Kühlschrank voll...

Gyromitra cf. parma
auch noch nicht vollreif, aber mit dem Wachstum ausschließlich an Fagus (gleich an ca. 10 Stämmen), trotz Vorhandenseins aller möglicher anderer Holzarten, wird vermutlich nichts anderes rauskommen
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Hier vermute ich Camarops tubulina, leider jedoch noch ohne erkennbare Perithecien.
Standort: Tannenstamm mit ca. 130cm Durchmesser
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Liebe Grüße

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#10
danke Florian für deine tollen Bilder, auch von der Umgebung!
Der Frühling 2020 war für mich ein ausgesprochenes "Gyromitra"-Jahr. Kaum einmal zuvor hatte ich so viele Funde. Dort musste ich schon fest stellen, dass es oft schwierig ist, wirklich fertile Exemplare zu finden. Dass es mit dem Nachreifen so lange dauern kann, ist mir jetzt durch diese Beiträge erst so richtig klar geworden. Die meisten mir bekannten Fundstellen liegen derzeit bei uns noch unter dem Schnee. Ab 1000 m Höhe hat es immer noch große Schneeflecken. Da heißt es Geduld.

LG Uschi

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#11
Servus Florian,

natürlich gibt es einen Doppelgänger der Bischofsmütze – namentlich Gyromitra ambigua.

Mir wurde die im Winter als gyromitra infula zugeschickt und sie stellte sich als G. ambigua heraus. Laut Korhonen sei das eine Art der Kiefernwälder, so auch der Fund, den ich erhielt. Aber es ist zu wenig über die ökologische Amplitude bekannt. Man muss auch Bischofsmützen mikroskopieren. ^^

Und ja die Lorcheln an sich - bis die mal reif werden, das iszt manchmal zum Verzweifeln.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#12
Servus Uschi,

auch ich habe in den höheren Lagen teils noch ziemliche Probleme die Suchgebiete zu erreichen. An den wärmebegünstigten Stellen lässt sich zwar schon einiges finden, die Zustige gestalten sich aber teils recht schwierig, weil sich in den kühleren Gebieten noch ganz schöne Schneemengen gehalten haben und auch die meisten Forststraßen ab ca. 1000m unpassierbar werden.

Mit den Gyromitras habe ich mich bisher noch überhaupt nicht beschäftigt, hatte aber die letzten Tage ziemlichen Spaß damit. Wirklich spannend, wenn man Tag für Tag den Reifeprozess beobachtet.
Ich wünsch dir auf jeden Fall auch ein erfolgreiches Frühjahr und viele schöne Lorcheln.

Servus Christoph,

danke für die Aufklärung zu den Bischofsmützen. Ich habe mir mal die Fundpunkte der vergammelten Überreste notiert und werde im Herbst noch mal gezielt nachsuchen. Mal schauen, ob G. ambigua auch im hochmontanen und subalpinen Fi-Ta-Bu-Wald vorkommt.
An Funde mit deutlich violettem Stiel meine ich mich aus den letzten Jahren durchaus zu erinnen.



Heute hat übrigens auch der Einzelfruchtkörper vom letzten Wochenende endlich einen endgültigen Namen erhalten. Wie schon vermutet handelt es sich um G. leucoxantha, heute waren auch endlich an einigen Sporen die deutlich eingedellten Anhängsel zu erkennen.
Interessant ist hierbei, dass das Größenwachstum der Sporen schon ca. 5-6 Tage vorm entwickeln der typischen Anhängsel abgeschlossen war.


Weiters habe ich noch einen anderen vermeintlichen Fund von C. tubulina untersucht, bei dem ich mir aufgrund der Überreife nicht viel Hoffnungen gemacht hatte. Allerdings konnte ich wieder Erwarten noch reichlich Sporen finden, Asci und Paraphysen waren natürlich nicht mehr vorhanden.
Allerdings bin ich nicht sicher, ob die ermittelten Daten für eine sichere Bestimmung ausreichen, oder ob auch hier noch andere Arten in Frage kommen.
Standort: Tanne, dm ca. 70cm, späte Optimalphase, 1300m
Stroma: 6x1,3x0,9cm
Perithecien: bis 6x1,5mm
Sporen: +-mandelförmig, mehrheitlich zwei Öltropfen, 5,5-7,25x3-3,75µm, Keimporus sehr klein, aber doch deutlich erkennbar
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Liebe Grüße

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#14
Servus Gernot,

danke für die Bestätigung

bisher konnte ich den heilige Gral zwar noch nicht finden, allerdings bin ich recht zuversichtlich, dass mir auch P. pouzarii in den nächsten Monaten mal unterkommt. Die Gebiete, in denen ich mir die größten Hoffnungen mache, sind allerdings momentan noch unerreichbar, bzw. ist die Begehung noch zu riskant.

Liebe Grüße

Re: Endlich mal wieder aufn Berg

#15
Grüß euch,

die zweite Lorchel aus dem ersten Beitrag ist inzwischen auch knapp vor der Vollreife und dürfte G. geogenia sein.
Sporen sind noch etwas klein für G. geogenia (16,5-22,5x8,5-11µm), werden die 30µm aber sicher nicht mehr erreichen; kalottenförmigen Anhängsel sind bereits deutlich ausgeprägt.

Lg
cron