Hallo miteinander,
gestern war ich mit Wolfgang Klofac im Wienerwald und dann der St. Pöltener Gegend unterwegs. Der erste Wald war so gut wie pilzfrei, dafür regnete es nicht zu wenig. Es fanden sich lediglich ein paar Porlinge und Rindenpilze, keine Agaricalen.
Der zweite Wald war auch annähernd pilzfrei, aber ein paar Schwammerl zeigten sich doch und der Regen war auch vorüber.
Bitte um Korrektur, falls was nicht stimmt.
Flammulaster carpophilus an Bucheckern - den hat mir Christoph schon bestätigt.
Hier tippe ich auf Peniophora quercina, das Holz sollte Eiche gewesen sein, denn ansonsten gab's nur Carpinus. So frisch hatte ich den noch nie.
Ansonsten fanden sich noch ein paar Mairitterlinge, aber recht viel mehr nicht.
Spannend wurde es allerdings auf der Rückfahrt, denn da hatte ich im Vorbeifahren den Eindruck, ein Acker sei voller Pilze, was auch so war.
Auf einem Acker fanden sich folgende Träuschlinge, die Stropharia rugosoannulata var. lutea sein könnten. Der ganze Acker war übersäht damit, die meisten schon hinüber. Der Stiel war 3/4 in der Erde, wirklich sehr interessant...
Am Nebenacker war Volvopluteus gloiocephalus, nicht ganz so zahlreich, die Stiele waren ebenfalls Großteils in der Erde.
Hat jemand eine Idee, wie es zu diesem Massenwachstum kommen kann, und dann auch noch getrennt nach Arten?
LG
romana
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#2Hallo Romana,
da habt ihr ja noch viele brave Bauern in NÖ die nicht ausschließlich Handelsdünger auf ihren Feldern ausbringen, weil laut Wikipedia:
Volvopluteus gloiocephalus:
Er besiedelt verrottenden Mist, Dung, faulendes Stroh und Schilf, Rindenmulch, Sägemehl und ähnliche Substrate.
Stropharia rugosoannulata:
Der Riesen-Träuschling ist ein saprobiontischer Bewohner von verrottenden Pflanzenabfällen, Stroh, Holz- und Rindenhäcksel und Humus und nährstoffreicher Erde.
Aber interessant ist das Vorkommen anunfürsich trotzdem.
Viele Grüße,
Peter
da habt ihr ja noch viele brave Bauern in NÖ die nicht ausschließlich Handelsdünger auf ihren Feldern ausbringen, weil laut Wikipedia:
Volvopluteus gloiocephalus:
Er besiedelt verrottenden Mist, Dung, faulendes Stroh und Schilf, Rindenmulch, Sägemehl und ähnliche Substrate.
Stropharia rugosoannulata:
Der Riesen-Träuschling ist ein saprobiontischer Bewohner von verrottenden Pflanzenabfällen, Stroh, Holz- und Rindenhäcksel und Humus und nährstoffreicher Erde.
Aber interessant ist das Vorkommen anunfürsich trotzdem.
Viele Grüße,
Peter
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#3Liebe Romana,
schöne Funde nach dem Regen der Vorwoche. Und vielleicht ist der Acker ja von einem der vielen Biobauern in NÖ. Bei guter Feuchtigkeit, sehr guter Nährstoffversorgung (gedüngter Acker), aber hoher Disturbanz (Pflügen) tendieren manche Pilzarten zum raschen und massenhaftem Auftreten, z.b. die beiden gezeigten Arten, und auch Schopftintling, Voreilender Ackerling, etc. Die Myzelien sind schnell wüchsig und vermischen sich daher auch nicht gleich so wie die Pilze in langfristigen Substraten (närhstoffarme Wälder, Holzstämme). Der Träuschling könnte der normale Rotbraune Träuschling sein, der kann auch sehr hell vorkommen, für die var. lutea fehlt mirder Gelbton. Vielleicht liegt das aber auch am Foto bei Regenwetter.
LG
Irmgard
schöne Funde nach dem Regen der Vorwoche. Und vielleicht ist der Acker ja von einem der vielen Biobauern in NÖ. Bei guter Feuchtigkeit, sehr guter Nährstoffversorgung (gedüngter Acker), aber hoher Disturbanz (Pflügen) tendieren manche Pilzarten zum raschen und massenhaftem Auftreten, z.b. die beiden gezeigten Arten, und auch Schopftintling, Voreilender Ackerling, etc. Die Myzelien sind schnell wüchsig und vermischen sich daher auch nicht gleich so wie die Pilze in langfristigen Substraten (närhstoffarme Wälder, Holzstämme). Der Träuschling könnte der normale Rotbraune Träuschling sein, der kann auch sehr hell vorkommen, für die var. lutea fehlt mirder Gelbton. Vielleicht liegt das aber auch am Foto bei Regenwetter.
LG
Irmgard
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#4Hallo Peter und Irmgard,
vielen Dank für Eure Antworten!
Schon klar, Volvopluteus gloiocephalus und Stropharia rugosoannulata sind Folgezersetzer und mögen Mist. Bei uns in der Pferdekoppel ist Volvopluteus auch einmal genau dort gewachsen, wo die Pferde ihr Klo haben. Was mich viel mehr verwundert ist die Tatsache, dass der ganze Acker übersäht war mit der Stropharia. Da müssen sich ja viele Primärmyzelien gefunden haben, denn es kann ja kaum sein, dass das nur ein Myzel ist, oder? Der Boden war tatsächlich sehr locker und da gleich nebenan ein Pferdehof ist, nehme ich an, dass Pferdemist auf diesen Äckern gelandet ist. Wo waren aber die Sporen - im Mist oder im Acker? Es gab in unmittelbarer Nähe noch mehrere Äcker von ähnlicher Qualität, auf denen keine Pilze wuchsen, darum hat es mich sehr erstaunt, dass die Pilze unvermischt auf nur zwei der Äcker wuchsen. Wahrscheinlich müsste man jetzt wissen, ob alle Flächen vom gleichen Bauern bewirtschaftet werden oder ob die pilzfreien Äcker von einem konventionellem Bauern sind.
Mich interessiert das vor allem deswegen, weil es im vergangenen Jahr ein Massenauftreten von Champignons im Yspertal gab, und zwar im gesamten Yspertal, die Wiesen waren oft 5 km und mehr voneinander entfernt und wurden von vielen unterschiedlichen Landwirten bewirtschaftet. Es waren wirklich unglaublich viele Pilze, offenbar hatte dieser Champignon ein gutes Jahr. Trotzdem erstaunlich - schlummern da also die Sporen jahrelang im Boden und plötzlich, bei geeigneten Bedingungen legen sie los? Wie lange können Sporen überdauern?
Fragen über Fragen....
LG
romana
vielen Dank für Eure Antworten!
Schon klar, Volvopluteus gloiocephalus und Stropharia rugosoannulata sind Folgezersetzer und mögen Mist. Bei uns in der Pferdekoppel ist Volvopluteus auch einmal genau dort gewachsen, wo die Pferde ihr Klo haben. Was mich viel mehr verwundert ist die Tatsache, dass der ganze Acker übersäht war mit der Stropharia. Da müssen sich ja viele Primärmyzelien gefunden haben, denn es kann ja kaum sein, dass das nur ein Myzel ist, oder? Der Boden war tatsächlich sehr locker und da gleich nebenan ein Pferdehof ist, nehme ich an, dass Pferdemist auf diesen Äckern gelandet ist. Wo waren aber die Sporen - im Mist oder im Acker? Es gab in unmittelbarer Nähe noch mehrere Äcker von ähnlicher Qualität, auf denen keine Pilze wuchsen, darum hat es mich sehr erstaunt, dass die Pilze unvermischt auf nur zwei der Äcker wuchsen. Wahrscheinlich müsste man jetzt wissen, ob alle Flächen vom gleichen Bauern bewirtschaftet werden oder ob die pilzfreien Äcker von einem konventionellem Bauern sind.
Mich interessiert das vor allem deswegen, weil es im vergangenen Jahr ein Massenauftreten von Champignons im Yspertal gab, und zwar im gesamten Yspertal, die Wiesen waren oft 5 km und mehr voneinander entfernt und wurden von vielen unterschiedlichen Landwirten bewirtschaftet. Es waren wirklich unglaublich viele Pilze, offenbar hatte dieser Champignon ein gutes Jahr. Trotzdem erstaunlich - schlummern da also die Sporen jahrelang im Boden und plötzlich, bei geeigneten Bedingungen legen sie los? Wie lange können Sporen überdauern?
Fragen über Fragen....
LG
romana
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#5Liebe Romana,
Eine kluge und interessante Frage, die eine eigene Vorlesung wert wäre, und sich gar nicht so einfach kurz beantworten lässt.
Ich zitiere hier mal aus Watkinson et al. The Fungi: >Versuche an Pilzen haben gezeigt, dass die meisten Sporen, die vom Hut freigesetzt werden, ziemlich nahe am Fruchtkörper abgelagert werden. In einer Studie mit Ektomykorrhizapilzen fielen 95% der Sporen innerhalb 1 m um den Fruchtkörper. Dies erscheint angesichts des wahrscheinlichen Vorteils bei der Verteilung in größerem Abstand zur Elternkolonie außerordentlich verschwenderisch und könnte auf die Gründe hinweisen, warum Pilze eine so große Anzahl von Sporen produzieren. Es wurde vermutet, dass Stichprobenbeschränkungen die Forscher zu der Schlussfolgerung veranlassen könnten, dass sich ein so hoher Anteil der gesamten Sporenproduktion in der Nähe des Fruchtkörpers absetzt. Dennoch sammeln sich unter Pilzen dichte Sporenablagerungen an, die einen sichtbaren Teppich auf der umgebenden Vegetation bilden. Sporenablagerungen auf der Oberfläche der Fruchtkörper von Konsolenpilzen zeigen die zusätzliche Verschwendung von Sporen, die durch Luftströmungen, die um den Fruchtkörper herumwirbeln, abgelagert werden. Ungeachtet des Anteils von Sporen, die in der Nähe ihrer Quelle landen, sorgt die Fruchtbarkeit vieler Arten dafür, dass eine große Anzahl von Sporen über größere Entfernungen von der Elternkolonie transportiert wird. Wenn nur 5% der von einem Pilz freigesetzten Sporen mehr als 1 m weit wandern, entziehen sich mindestens 135 Millionen Sporen pro Tag der unmittelbaren Nachbarschaft eines einzelnen Fruchtkörpers von Agaricus campestris, der schätzungsweise 2,7 Milliarden Sporen pro Tag abgibt, und mehr als eine Milliarde Sporen pro Tag lösen sich von Ganoderma applanatum (das 5 Billionen Sporen während 6 Monaten jährlicher Aktivität abgibt). Pilze investieren enorme Ressourcen in die Sporulation und natürliche Auslese hat die wahrscheinlichen Verluste und die geringe Wahrscheinlichkeit der Übertragung und des Überlebens über große Entfernungen berechnet. Das Schicksal der Sporen, die in der Nähe des Muttermyzels landen, ist nicht bekannt.>
Das bedeutet also, dass flächendeckend eine große Sporenbank vieler Arten im Boden vorhanden ist! Bei geeigneten Bedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit, Nährstoffgehalt, etc.) können diese dann rasch keimen und ein Massenauftreten bewirken. Das wäre meine Erklärung für das großflächige Auftreten der Champignons. Das lokale Auftreten des Träuschlings hat ev. schon auch den Hintergrund, dass der Bauer eve. durch Düngung Stroh gleichmäßig in den Boden eingearbeitet hat, das vom Myzel des Träuschlings durchwachsen war. Die Volvariella „wartet“ sicher auch im Boden überall.
Ein noch zu wenig intensiv untersuchter Faktor ist die Überlebenszeit der Sporen im Boden, also die Vitalität. Diese scheint jedoch im Schlafzustand (dormancy) Jahre zu betragen, zumindest bei Phytopathogenen ist es so. Es gibt da auch Möglichkeiten die Vitalität der Sporen auszutesten.
Ein verwandter und interessanter Artikel zur Ausbreitungsthematik ist Calhim et al. (2019): Fungal spore diversity reflects… der https://www.nature.com/articles/s41598-018-23292-8lesbar sein sollte.
Wolfgang hat mir gestern die Stropharia gezeigt, mit der er sich mittlerweile bestimmungstechnisch auseinandergesetzt hatte. Das Ergebnis ist Stropharia rugosoannulata forma eximia (Benedix) Kreisel! Euer Superfund entspricht haargenau der Darstellung im Ludwig! Gekennzeichnet durch weiße Fruchtkörper mit graulila Hutmitte, die war bei den jüngeren Exemplaren noch deutlich sichtbar, und gelbliche Ringunterseite.
LG
Irmgard
Eine kluge und interessante Frage, die eine eigene Vorlesung wert wäre, und sich gar nicht so einfach kurz beantworten lässt.
Ich zitiere hier mal aus Watkinson et al. The Fungi: >Versuche an Pilzen haben gezeigt, dass die meisten Sporen, die vom Hut freigesetzt werden, ziemlich nahe am Fruchtkörper abgelagert werden. In einer Studie mit Ektomykorrhizapilzen fielen 95% der Sporen innerhalb 1 m um den Fruchtkörper. Dies erscheint angesichts des wahrscheinlichen Vorteils bei der Verteilung in größerem Abstand zur Elternkolonie außerordentlich verschwenderisch und könnte auf die Gründe hinweisen, warum Pilze eine so große Anzahl von Sporen produzieren. Es wurde vermutet, dass Stichprobenbeschränkungen die Forscher zu der Schlussfolgerung veranlassen könnten, dass sich ein so hoher Anteil der gesamten Sporenproduktion in der Nähe des Fruchtkörpers absetzt. Dennoch sammeln sich unter Pilzen dichte Sporenablagerungen an, die einen sichtbaren Teppich auf der umgebenden Vegetation bilden. Sporenablagerungen auf der Oberfläche der Fruchtkörper von Konsolenpilzen zeigen die zusätzliche Verschwendung von Sporen, die durch Luftströmungen, die um den Fruchtkörper herumwirbeln, abgelagert werden. Ungeachtet des Anteils von Sporen, die in der Nähe ihrer Quelle landen, sorgt die Fruchtbarkeit vieler Arten dafür, dass eine große Anzahl von Sporen über größere Entfernungen von der Elternkolonie transportiert wird. Wenn nur 5% der von einem Pilz freigesetzten Sporen mehr als 1 m weit wandern, entziehen sich mindestens 135 Millionen Sporen pro Tag der unmittelbaren Nachbarschaft eines einzelnen Fruchtkörpers von Agaricus campestris, der schätzungsweise 2,7 Milliarden Sporen pro Tag abgibt, und mehr als eine Milliarde Sporen pro Tag lösen sich von Ganoderma applanatum (das 5 Billionen Sporen während 6 Monaten jährlicher Aktivität abgibt). Pilze investieren enorme Ressourcen in die Sporulation und natürliche Auslese hat die wahrscheinlichen Verluste und die geringe Wahrscheinlichkeit der Übertragung und des Überlebens über große Entfernungen berechnet. Das Schicksal der Sporen, die in der Nähe des Muttermyzels landen, ist nicht bekannt.>
Das bedeutet also, dass flächendeckend eine große Sporenbank vieler Arten im Boden vorhanden ist! Bei geeigneten Bedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit, Nährstoffgehalt, etc.) können diese dann rasch keimen und ein Massenauftreten bewirken. Das wäre meine Erklärung für das großflächige Auftreten der Champignons. Das lokale Auftreten des Träuschlings hat ev. schon auch den Hintergrund, dass der Bauer eve. durch Düngung Stroh gleichmäßig in den Boden eingearbeitet hat, das vom Myzel des Träuschlings durchwachsen war. Die Volvariella „wartet“ sicher auch im Boden überall.
Ein noch zu wenig intensiv untersuchter Faktor ist die Überlebenszeit der Sporen im Boden, also die Vitalität. Diese scheint jedoch im Schlafzustand (dormancy) Jahre zu betragen, zumindest bei Phytopathogenen ist es so. Es gibt da auch Möglichkeiten die Vitalität der Sporen auszutesten.
Ein verwandter und interessanter Artikel zur Ausbreitungsthematik ist Calhim et al. (2019): Fungal spore diversity reflects… der https://www.nature.com/articles/s41598-018-23292-8lesbar sein sollte.
Wolfgang hat mir gestern die Stropharia gezeigt, mit der er sich mittlerweile bestimmungstechnisch auseinandergesetzt hatte. Das Ergebnis ist Stropharia rugosoannulata forma eximia (Benedix) Kreisel! Euer Superfund entspricht haargenau der Darstellung im Ludwig! Gekennzeichnet durch weiße Fruchtkörper mit graulila Hutmitte, die war bei den jüngeren Exemplaren noch deutlich sichtbar, und gelbliche Ringunterseite.
LG
Irmgard
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#6Liebe Irmgard,
vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Jetzt ist mein Wissensdurst etwas gestillt ;)
Das Reich der Pilze ist schon erstaunlich - Wahnsinn, wie viele Sporen Pilze produzieren! Und offensichtlich ist alles übersäht mit Sporen, die nur auf den richtigen Zeitpunkt warten - unglaublich...
Der Artikel ist sehr interessant - ich hab noch gar nicht darüber nachgedacht, warum die Pilzsporen so unterschiedlich aussehen, aber natürlich hat das auch einen logischen Grund.
In der Funga gibt es unendlich viel zu lernen, ich glaub da lernt man nie aus.
Jedenfalls freut es mich, dass unsere Stropharia einen Namen bekommen hat und noch dazu eine so interessante ist - die Farben der Pilze waren schon eigenartig, so hell.
Liebe Grüße,
romana
vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Jetzt ist mein Wissensdurst etwas gestillt ;)
Das Reich der Pilze ist schon erstaunlich - Wahnsinn, wie viele Sporen Pilze produzieren! Und offensichtlich ist alles übersäht mit Sporen, die nur auf den richtigen Zeitpunkt warten - unglaublich...
Der Artikel ist sehr interessant - ich hab noch gar nicht darüber nachgedacht, warum die Pilzsporen so unterschiedlich aussehen, aber natürlich hat das auch einen logischen Grund.
In der Funga gibt es unendlich viel zu lernen, ich glaub da lernt man nie aus.
Jedenfalls freut es mich, dass unsere Stropharia einen Namen bekommen hat und noch dazu eine so interessante ist - die Farben der Pilze waren schon eigenartig, so hell.
Liebe Grüße,
romana
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#7Grüß dich Romana,
ich hätte noch einen weitere Idee, wie derartiges Massenauftreten gewisser Arten in biologisch bewirtschafteten Feldern erklärt werden könnte.
Letzten Herbst konnte ich ein ähnliches Auftreten von C. comatus in einem kleinen Winterweizenschlag eines befreundeten Landwirts beobachten, welches mit gut kompostierten Mist (vA Ziege und Ente) gedüngt wurde.
Schon am Platz an dem die Feldrotte gelegen hatte fiel mir auf, dass der Boden ab einer Tiefe von ~2cm stark von Mycel durchzogen war, welches ich anhand des Geruchs mit ziemlicher Sicherheit als Schopftintling identifizieren konnte.
Besonders Interessant fand ich in dem Zusammenhang die Art der Kompostbereitung, welche mich sehr an die Strategie des Champignonanbaus erinnert hat.
Das Gemisch aus Enten- und Ziegenmist mit Gersten- und Weizenstroh als Einstreu (ca 20m³) wurde zuerst bei zweiwöchigem Wenden für 1,5 Monate per Heißrotte kompostiert, danach wurde der Kompost zum auskühlen auseinandergezogen und weiter in einem niedrigen Wall von ca 1m höhe gelagert. Um möglichst viele Samen zum keimen zu bringen und dadurch die Unkrautbelastung durch die Düngung zu reduzieren wurde der Kompost für weitere 9 Monate abgelagert, bei mehrfachem Wenden.
Der Kompost wurde flächig ausgebracht und gemeinsam mit dem Stroh der Vorfrucht (Hafer-Erbsen-Gemenge) eingeackert.
Sehr interessant war auch, dass die Stellen im Feld, welche auch starke Fruchtungen von C. comatus hervorbrachten, während der gesamten Vegetationsperiode gut erkennbar waren. Der Weizen war an diesen Stellen deutlich schöner und zeichnete sich durch starke Bestockung und wunderschöne Ähren aus.
Meine Vermutung war daher, dass das Mycel im Kompost nach der Heißrotte ein gut pasteurisiertes Substrat vorfand und sich durch das regelmäßige Wenden auch gleichmäßigin der Rotte ausbreiten konnte und in weiterer Folge das Feld, durch Ausbringung und Einarbeiten der Düngung, sozusagen beimpft wurde. Durch den beschleunigten Abbau der organische Substanz scheint mir auch der Düngungseffekt im Weizen schlüssig erklärbar.
Beste Grüße
Florian
ich hätte noch einen weitere Idee, wie derartiges Massenauftreten gewisser Arten in biologisch bewirtschafteten Feldern erklärt werden könnte.
Letzten Herbst konnte ich ein ähnliches Auftreten von C. comatus in einem kleinen Winterweizenschlag eines befreundeten Landwirts beobachten, welches mit gut kompostierten Mist (vA Ziege und Ente) gedüngt wurde.
Schon am Platz an dem die Feldrotte gelegen hatte fiel mir auf, dass der Boden ab einer Tiefe von ~2cm stark von Mycel durchzogen war, welches ich anhand des Geruchs mit ziemlicher Sicherheit als Schopftintling identifizieren konnte.
Besonders Interessant fand ich in dem Zusammenhang die Art der Kompostbereitung, welche mich sehr an die Strategie des Champignonanbaus erinnert hat.
Das Gemisch aus Enten- und Ziegenmist mit Gersten- und Weizenstroh als Einstreu (ca 20m³) wurde zuerst bei zweiwöchigem Wenden für 1,5 Monate per Heißrotte kompostiert, danach wurde der Kompost zum auskühlen auseinandergezogen und weiter in einem niedrigen Wall von ca 1m höhe gelagert. Um möglichst viele Samen zum keimen zu bringen und dadurch die Unkrautbelastung durch die Düngung zu reduzieren wurde der Kompost für weitere 9 Monate abgelagert, bei mehrfachem Wenden.
Der Kompost wurde flächig ausgebracht und gemeinsam mit dem Stroh der Vorfrucht (Hafer-Erbsen-Gemenge) eingeackert.
Sehr interessant war auch, dass die Stellen im Feld, welche auch starke Fruchtungen von C. comatus hervorbrachten, während der gesamten Vegetationsperiode gut erkennbar waren. Der Weizen war an diesen Stellen deutlich schöner und zeichnete sich durch starke Bestockung und wunderschöne Ähren aus.
Meine Vermutung war daher, dass das Mycel im Kompost nach der Heißrotte ein gut pasteurisiertes Substrat vorfand und sich durch das regelmäßige Wenden auch gleichmäßigin der Rotte ausbreiten konnte und in weiterer Folge das Feld, durch Ausbringung und Einarbeiten der Düngung, sozusagen beimpft wurde. Durch den beschleunigten Abbau der organische Substanz scheint mir auch der Düngungseffekt im Weizen schlüssig erklärbar.
Beste Grüße
Florian
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#8Servus beinand,
im Fall vom Schopftintling und dem Riesenträuschling sollte man nicht vergessen, dass beide Arten Nematodenfänger sind. Insbesondere die Träuschlinge sind ja sehr stark an die Nematidenjagd angepasst - sie bilden sogenannte Acanthocysten, die frei im Boden liegen und Nematoden aufspießen, wodurch dann das myzekl den Wurm befallen kann. Schließlich verschmilzt es wieder mit dem normalen Myzel und gibt die aufgenommen Stoffe an das Gesamtmyzel weiter.
Wer mehr darüber wissen will, findet hier Infos: Hong Luo, Xuan Li, Guohong Li, Yanbo Pan, and Keqin Zhang (2006): Acanthocytes of Stropharia rugosoannulata Function as a Nematode-Attacking Device. APPLIED AND ENVIRONMENTAL MICROBIOLOGY, Apr. 2006, p. 2982–2987 - das pdf ist online verfügbar: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articl ... 445-05.pdf
Der Schopftintling arbeitet auch mechanisch - zudem aber auch chemisch über ein Lähmungstoxin. Die mechanischen Killerzellen werden von den Autoren einer Studie über den Schopftinling als "spiny balls" bezeichnet - sehr treffend. Wer mehr erfahren will, wende sich auch hier an den Artikel:
Hong Luo, Yajun Liu, Lin Fang, Xuan Li, Ninghua Tang, and Keqin Zhang (2007): Coprinus comatusDamages Nematode Cuticles Mechanicallywith Spiny Balls and Produces Potent ToxinsTo Immobilize Nematodes. APPLIED AND ENVIRONMENTAL MICROBIOLOGY, June 2007, p. 3916–3923 - das pdf ist ebenfalls online verfügbar: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articl ... 770-06.pdf
Viel Spaß bei, Nachlesen.
Ich vermute, dass die Flächen mit dem Massenaufkommen eine hohe Biomasse an Nematoden enthielt, denn diese dienen ja als Stickstoffquelle für die Jäger, wodurch sie besser fruktifizieren können.
Liebe Grüße,
Christoph
im Fall vom Schopftintling und dem Riesenträuschling sollte man nicht vergessen, dass beide Arten Nematodenfänger sind. Insbesondere die Träuschlinge sind ja sehr stark an die Nematidenjagd angepasst - sie bilden sogenannte Acanthocysten, die frei im Boden liegen und Nematoden aufspießen, wodurch dann das myzekl den Wurm befallen kann. Schließlich verschmilzt es wieder mit dem normalen Myzel und gibt die aufgenommen Stoffe an das Gesamtmyzel weiter.
Wer mehr darüber wissen will, findet hier Infos: Hong Luo, Xuan Li, Guohong Li, Yanbo Pan, and Keqin Zhang (2006): Acanthocytes of Stropharia rugosoannulata Function as a Nematode-Attacking Device. APPLIED AND ENVIRONMENTAL MICROBIOLOGY, Apr. 2006, p. 2982–2987 - das pdf ist online verfügbar: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articl ... 445-05.pdf
Der Schopftintling arbeitet auch mechanisch - zudem aber auch chemisch über ein Lähmungstoxin. Die mechanischen Killerzellen werden von den Autoren einer Studie über den Schopftinling als "spiny balls" bezeichnet - sehr treffend. Wer mehr erfahren will, wende sich auch hier an den Artikel:
Hong Luo, Yajun Liu, Lin Fang, Xuan Li, Ninghua Tang, and Keqin Zhang (2007): Coprinus comatusDamages Nematode Cuticles Mechanicallywith Spiny Balls and Produces Potent ToxinsTo Immobilize Nematodes. APPLIED AND ENVIRONMENTAL MICROBIOLOGY, June 2007, p. 3916–3923 - das pdf ist ebenfalls online verfügbar: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articl ... 770-06.pdf
Viel Spaß bei, Nachlesen.
Ich vermute, dass die Flächen mit dem Massenaufkommen eine hohe Biomasse an Nematoden enthielt, denn diese dienen ja als Stickstoffquelle für die Jäger, wodurch sie besser fruktifizieren können.
Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#9Servus Christoph,
danke für die Artikel, die carnivore Neigung von C. comatus hatte ich bei meinen Überlegungen außer Acht gelassen.
Wenn ich mich an den Bestand zurückerinnere scheint ein Nematodenbefall des Bestandes und eine entsprechende Eindämmung durch den Schopftintling eigentlich die logischste Erklärung für die Wachstumsunterschiede im Weizen zu sein. Sowohl das Erscheinungsbild der Kultur als auch die vorherige Bebauung des Schlags mit Hafer spricht für eine relativ hohe Nematodenbelastung der Fläche.
Beste Grüße
danke für die Artikel, die carnivore Neigung von C. comatus hatte ich bei meinen Überlegungen außer Acht gelassen.
Wenn ich mich an den Bestand zurückerinnere scheint ein Nematodenbefall des Bestandes und eine entsprechende Eindämmung durch den Schopftintling eigentlich die logischste Erklärung für die Wachstumsunterschiede im Weizen zu sein. Sowohl das Erscheinungsbild der Kultur als auch die vorherige Bebauung des Schlags mit Hafer spricht für eine relativ hohe Nematodenbelastung der Fläche.
Beste Grüße
Re: Exkursion im regnerischen Niederösterreich
#10Servus die Runde,
jetzt kommen wir zwar schon ein wenig weit weg von der Mykologie, aber den ersten Aspekt mit der Verfügbarkeitsmachung der organischen Substanz sollte man doch nicht untergewichten. Im Pferdemist ist normalerweise ein hoher Anteil an Sägemehl und darum eher gescheut von den Bauern zum Ausbringen aufs Feld. Damit man jetzt ganz weg von der Mykologie ist, sollte man noch in Betracht ziehen, dass die moderne Landwirtschaft in ihren Monokulturen neuerdings auch auf natürliche Pflanzensymbiosen zwischen, zum Beispiel Mais und Zweitpflanzen (zwischen den Reihen angebaut) ab zielt um so auch natürliche geschaffene Nährstoffe verfügbar zu machen, was ja hier auch wieder dem Phänomen des Schopftintlings gleichen würde. Ob jetzt der Bauer das gezielt wollte, oder keine Ahnung von seinem Glück hat, steht wohl in den Sternen.
Freundliche Grüße,
Peter
jetzt kommen wir zwar schon ein wenig weit weg von der Mykologie, aber den ersten Aspekt mit der Verfügbarkeitsmachung der organischen Substanz sollte man doch nicht untergewichten. Im Pferdemist ist normalerweise ein hoher Anteil an Sägemehl und darum eher gescheut von den Bauern zum Ausbringen aufs Feld. Damit man jetzt ganz weg von der Mykologie ist, sollte man noch in Betracht ziehen, dass die moderne Landwirtschaft in ihren Monokulturen neuerdings auch auf natürliche Pflanzensymbiosen zwischen, zum Beispiel Mais und Zweitpflanzen (zwischen den Reihen angebaut) ab zielt um so auch natürliche geschaffene Nährstoffe verfügbar zu machen, was ja hier auch wieder dem Phänomen des Schopftintlings gleichen würde. Ob jetzt der Bauer das gezielt wollte, oder keine Ahnung von seinem Glück hat, steht wohl in den Sternen.
Freundliche Grüße,
Peter